Spielerg’schichten und Fußballsachen

In Zeiten von Schlackspielfeldern, groben Fouls und Fetzenbällen (mit Sägespänen gefüllte Säcke, Anm.) sind Karl Egger und Rudolf Mitterböck groß und zu Legenden der Kapfenberger Sportvereinigung (KSV) geworden.

In einem Gespräch im BG/BRG/BORG Kapfenberg mit Marco Mitterböck erzählen die alteingesessenen Herren, die in den 50ern und 60ern Profifußballspieler für den Verein waren, über ihre Vergangenheit, wie es zum geflügelten Wort des Kabarettisten und Schauspielers Helmut Qualtinger („Simmering – Kapfenberg, das nenn i Brutalität“) kam und üben Kritik am Stellenwert der Sportart Fußball in Österreich.

Oral History zum Anhören in zwei Teilen!

Teil I:

 

Teil II:

 

Karl Egger – ein Leben für den KSV

Die 94-jährige Geschichte des KSV war geprägt von Abs und Aufs. Einst spielte der Verein in der Bundesliga und traf auf große Klubs wie Austria, Rapid und Sturm, dann verschwand er für einige Jahre im regionalen Unterhaus. Stets mit dabei war Karl Egger, der dem Verein bis zum heutigen Tag als treue Seele erhalten geblieben ist.Karl Egger

Eines seiner ersten Spiele für die Kampfmannschaft bestritt der heute 75-Jährige gegen Simmering – diese Partie sollte in die Geschichte eingehen. Fußballfans aus ganz Österreich ist das Aufeinandertreffen mit dem Wiener Verein vor allem wegen der Erzählungen Helmut Qualtingers in Erinnerung geblieben. Der Kabarettist war als einer von 4500 Zusehern am 12. Oktober 1958 live dabei, als Kapfenbergs Linksaußen Helmut Hauberger bei einem Zweikampf mit dem gegnerischen Torhüter Bruno Engelmeier kollidierte. Der resultierende Kracher hinterließ bei Qualtinger einen bleibenden Eindruck: “Simmering gegen Kapfenberg – das nenn‘ ich Brutalität!” Egger selbst hat diese Partie als weniger ruppig in Erinnerung: “Da waren andere Spiele brutaler”, sagt der dreifache Familienvater.

Seine Karriere beendete Egger, der zumeist im zentralen Mittelfeld zum Einsatz kam, erst im Jahr 1974. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte das Kapfenberger Urgestein über 400 Spiele bestritten, war fünf Mal auf- und sechs Mal abgestiegen. Seitdem hat sich nicht nur der Fußball, sondern auf das Training stark verändert: “Wir sind damals noch auf den Frauenberg gelaufen, das ist heute unvorstellbar.” Die Entwicklung der Fußballer erlebt Egger, der im Winter vor allem auf den österreichischen Skipisten anzutreffen ist, aus der ersten Reihe, ist er doch fast täglich im Kapfenberger Franz-Fekete-Stadion anzutreffen. Deshalb ist es ihm ein großes Anliegen, das Projekt Connect von 19. bis 21. September in Kapfenberg mit zahlreichen Anekdoten zu unterstützen und seine Erfahrungen an die Jugend weiterzugeben.

So war Fußballspielen damals

Das Blogmobil ist gut in Kapfenberg angekommen. Hier dreht sich alles – wie könnte es anders sein – um Fußball. Das Blogmobil-Team ist heute Vormittag in der Sportakademie zu Gast. Hier werden Österreichs Nachwuchshoffnungen im Fußball ausgebildet. Die beiden KSV-Legenden Karl Egger und Rudi Mitterböck erzählen den interessierten Schülerinnen und Schülern, wie Fußball in den 1950er und 1960er Jahren aussah.

Marco Mitterböck vom Blogmobil-Team hält einen Vortrag über die KSV 1919

Marco Mitterböck vom Blogmobil-Team hält einen Vortrag über die KSV 1919

Gespräch über Fußball in den 50er und 60er Jahren

Gespräch über Fußball in den 50er und 60er Jahren

v.l.n.r. Marco Mitterböck, Rudi Mitterböck, Karl Egger

v.l.n.r. Marco Mitterböck, Rudi Mitterböck, Karl Egger

Marco Mitterböck und KSV-Legende Rudi Mitterböck

Marco Mitterböck und KSV-Legende Rudi Mitterböck

Legende Karl Egger erzählt von damals

Legende Karl Egger erzählt von damals

die beiden Legenden Rudi Mitterböck und Karl Egger

die beiden Legenden Rudi Mitterböck und Karl Egger

die Schülerinnen lauschen gespannt den Erzählungen

die Schülerinnen lauschen gespannt den Erzählungen

 

Kapfenbergs Tugend heißt Eigenbau

Kaum ein Verein erfüllt das Motto der “Heute für Morgen”-Erste Liga so gut wie der SV Kapfenberg, stellt er mit einem Durchschnittsalter von lediglich 23,0 Jahren doch den drittjüngsten Kader der zweithöchsten Spielklasse. Möglich macht das die eigene Teamsportakademie, die seit 2003 dafür sorgt, dass der Verein seinen Kader auch mit eigenen Akteuren verstärken kann. In der laufenden Saison zählen Akademie-Absolventen wie Philipp Wendler und Manfred Gollner zum Stammpersonal.

© www.transfermarkt.at

© www.transfermarkt.at

Gegründet wurde die Akademie 2003 mit dem Ziel, die sportliche und schulische Ausbildung unter einen Hut zu bringen. Als Partner dient dabei seit Beginn das BG/BRG/BORG Kapfenberg, mittlerweile bestehen aber auch Kooperationen mit der Handelsakademie Bruck/Mur und der HTBL Kapfenberg. Jährlich erhalten so 20 Jugendliche die Chance, sich ihren Traum vom Fußballprofi zu erfüllen. Wohnhaft sind sie in einem eigenen Internatsgebäude im Kapfenberger Stadtteil Walfersam, nur wenige Gehminuten vom Stadion und dem BR/BRG/BORG Kapfenberg entfernt. Neben dem Fußball bedient die Teamsportakademie auch weitere Teamsportarten wie Eishockey und Basketball sowie individuelle Zweige wie Tischtennis, Motorsport und Leichtathletik.

Vor allem für die Abteilung Fußball geht es seit der Gründung stetig bergauf, was vor allem die sportlichen Erfolge der Nachwuchsmannschaften beweisen. Sowohl die zweite Mannschaft Austria Kapfenberg als auch die dritte Mannschaft Rapid Kapfenberg sind in den vergangenen Jahren mit reinen Akademie-Mannschaften je zwei Mal aufgestiegen. Heute spielt Austria Kapfenberg bereits in der dritthöchsten Spielklasse – also nur eine Liga unter den Profis. Der nächste Schritt, nämlich jener zum Profi, ist dann wirklich nur noch einen einzigen Schritt entfernt. Bereits gemacht hat ihn in der laufenden Saison Markus Farnleitner (Bild), er feierte am 9. August 2013 als insgesamt 16. Akademiker sein Debüt für die Profis.

Ronivaldo, Markus Farnleitner

Ronivaldo, Markus Farnleitner

 

Geschichte des Sports in Kapfenberg

Sport hatte in Kapfenberg stets eine große Tradition. Da ein Großteil der Bevölkerung harter körperlicher Arbeit – später in den Böhler-Werken – nachging, war ein Ausgleich von Beginn an wichtig. Da wundert es nicht, dass die Geschichte des Sports in Kapfenberg bereits zurück bis ins 16. Jahrhundert geht. Damals war es vor allem das Schießen, welches auf der Burg Oberkapfenberg ausgeübt wurde. Wurde im 18. Jahrhundert das Fach Turnen in den Schulunterricht integriert, war es ab 1860/61 möglich, sich in Vereinen zu organisieren.

Für die Stadt Kapfenberg begann die sportliche Betätigung aber vor allem 1898, als in der Wiener Straße der erste Turnsaal eröffnet wurde. Er stand sowohl den Schülern der Volksschule als auch anderen Sportlern zur Verfügung. Mit der Eröffnung des ersten Fußballplatzes in der Schnitz am 14. September 1919 war der Vormarsch des Sports in Kapfenberg nicht mehr aufzuhalten. Dass spätestens mit dem Bau des Franz-Fekete-Stadions Kapfenberg endgültig zur Sportstadt aufstieg, ist ohnehin bekannt.

Dokumentiert sind all diese Meilensteine in “Sport in Kapfenberg”, erschienen 2008 zum Anlass des 110-jährigen Jubiläums des ersten heimischen Turnsaals. Als Herausgeberin tritt Helga Papst in Erscheinung, sie erfüllt die Rolle der wandelnden Chronik in Kapfenberg. Als langjährige Leiterin des Stadtmuseums weiß sie wohl so gut wie keine Zweite über die lokale Geschichte Bescheid.

Erinnerung an Pfarrer Franz Koller

Viele Stradener haben dem Blogmobil Geschichten und Bilder von Primizen vorbeigebracht. Darunter auch jene von Pfarrer Franz Koller. Er feierte seine erste Messe während des Zweiten Weltkrieges  und lebte auch einige Jahre in Kriegsgefangenschaft. Eine Erinnerung. 

Franz Koller wurde am 10. Jänner 1916 als achtes von neun Kindern in Straden geboren.  Nach einer bewegten Kindheit – die Mutter verstarb, als Franz 9 Jahre alt war, der Vater, als er 17 war – entschied er sich, das Amt des Priesters beruflich auszuüben. Der Grundstein für das Interesse am Seelsorgerdienst bildete die familiäre Verbundenheit mit der Kirche  und dem katholischen Glauben sowie das Ministrieren in der Pfarre Straden.

Da in der NS-Zeit die katholische Fakultät der Universität aufgehoben worden war, setzte Franz Koller sein Theologiestudium an der Hauslehranstalt des Priesterseminars Graz fort. Franz Koller wurde am 16. Juli 1939, während des Krieges, zum Priester geweiht. Eine Woche später, am 23. Juli 1939 feierte er seine Primiz in seiner Heimatgemeinde Straden. Der Primizeinzug von der Florianikirche zur Hauptpfarrkirche in Straden wurde zwar offiziell von der Kreisleitung Radkersburg genehmigt, am Vorabend wurde er jedoch vom Kreisleiter untersagt. Auch die Primizpredigt wurde kontrolliert und die Musik zur Festtafel verboten.

Sein erstes berufliches Amt als Kaplan übte Franz Koller ab 1. Juli 1940 in Hartmanndorf (heute Markt Hartmannsdorf) aus. Bereits ein halbes Jahr später, an seinem 25. Geburtstag – dem 10. Jänner 1941 – wurde er als Sanitäter zur deutschen Wehrmacht einberufen. Bis August 1945 war er in Kriegsgefangenschaft.

Ab 1. September 1945 war Franz Koller wieder als Kaplan tätig. Zuerst in St. Stefan im Rosental, ab 1. August 1949 in Ilz und ab 1. September 1955 in Graz-Liebenau. Mit Wirkung 20. Februar 1958 war Franz Koller Pfarrer von Gasen und ab 1. September 1962 Pfarrer von Ilz.  Im Jänner 1976 wurde ihm der Titel „Geistlicher Rat“ verliehen, und am 31. August 1986 verabschiedete sich Franz Koller schließlich in den Ruhestand.

Einige Erinnerungsfotos an seine Primiz können hier angesehen werden:

 

Zu Gast im “Freilichtmuseum” in Straden

Beim „BULLDOGWirt“ in Hof bei Straden im Steirischen Vulkanland gibt es neben dem Restaurantbetrieb auch ein eigenes kleines „Freilichtmuseum“: Das „Museum nostalgisches Landleben“ bietet Einblicke in das bäuerliche Leben anno dazumal.

Bulldogwirt Erich Wiedner sammelt seit über 50 Jahren Gegenstände aus der Vergangenheit, die das bäuerliche Leben des letzten Jahrhunderts darstellen. Die Sammlung ist seit 2003 zugänglich und in einem Bauernhaus von 1766 sowie in angrenzenden Stadeln untergebracht. Es werden tausende Objekte gelagert und gezeigt, von der Einrichtung eines bäuerlichen Hauses bis zu historischen Traktoren und landwirtschaftlichen Geräten. Zu fixen Terminen finden jedes Jahr nostalgisch angehauchte Feste statt.

Das Museum:

Bauernblockhaus
Das Bauernblockhaus wurde im Jahr 1766 erbaut. Es ist ausgestattet mit voll eingerichteten Räumen: Stubn (Wohnküche), Stibl (Schlafzimmer), Vorraum, und historischen Waschgeräten (erste hölzerne Waschmaschinen).

Handwerksboden
In diesem Stadl befinden sich eine Vielzahl bäuerlicher Arbeitsgeräte aus dem letzten Jahrhundert: Korbflechter, Küchengeräte, Schusterwerkzeug, Schulutensilien, Schreinerwerkzeug, Fassbinder und Schneiderwerkzeug.

Holzstadel
Hier können eine Vielzahl an Oldies bestaunt werden: Traktoren, Maschinen, Motoren und viele weitere landwirtschaftliche Geräte.

Strohdach Presshitt’n
Diese Hütte stammt aus dem Jahr 1872 und ist mit einem Strohdach gedeckt. In ihr befindet sich eine alte Senkstein Spindel-Presse mit verschiedenen Quetsch- und Schabermühlen.

Göppelhitt’n
Diese Hütte aus dem Jahr 1888 ist voll mit Mäh- und Dreschgeräten, Troadputzern (Getreideputzer), Mühlen und einem funktionstüchtigen, hölzernen und gusseisernen Göpelantrieb.

Schmiedeturm
Der Schau-Schmiedeturm aus dem Jahr 1830 wurde aus Vulkangestein, Sandstein und Murnockerln erbaut. Im Turm sind ein Backofen und eine Selchkammer integriert.

Kontakt:
BULLDOGWirt – 8345 Hof b. Straden 2
Tel.: +43 3473/ 82 67
Homepage: www.bulldogwirt.at

“Für mich ist der Zölibat ein Verstoß gegen die Menschenrechte”

Pfarrer Josef Fleischhacker feierte am 12. Juli 1964 seine Primiz in Straden. Seine erste Messe in der Heimatgemeinde war für ihn etwas ganz Besonderes. Das Priesteramt ist für ihn nach wie vor sein Traumberuf, die Ehelosigkeit sieht er aber als Verstoß gegen die Menschenrechte.

Altpfarrer Josef Fleischhacker erzählt von seiner Primiz

Altpfarrer Josef Fleischhacker erzählt von seiner Primiz

Sie haben am 12. Juli 1964 in Ihrer Heimatgemeinde Ihre erste Messe gefeiert. Was war das für eine Erfahrung?

Für mich persönlich war es äußerst bewegend, weil mir die Entscheidung zu diesem Beruf nicht sehr leicht gefallen ist. Ich habe lange damit gerungen, aber rückblickend darf ich sagen, es war eine gute Entscheidung. Die Primiz selbst war ein großes religiöses Volksfest. Da war alles auf den Beinen und es ist grandios abgewickelt worden.

Zuvor wurden Sie aber zum Priester geweiht ..

Ja, der Weihetag am 5. Juli war äußerst aufregend. Da weiß man: jetzt ist der entscheidende Schritt da, jetzt sagt man die Satzung vor dem Bischof. Ich habe schlecht geschlafen und in der Früh kam dann die Aufregung dazu. Wir haben natürlich im Vorhinein den Einzug in den Dom und die Liturgie geprobt, aber ich war trotzdem nervös. Ein besonders bewegender Moment war für mich, als der Bischof meine Hände gesalbt hat. Er hat mich damit beauftragt, segnende und heilende Hände zu haben. Und das versuche ich bis heute zu tun. Danach war die große Liturgie im Dom. Wir waren an die acht Kandidaten, die geweiht wurden. Davon sind heute ungefähr die Hälfte nicht mehr Priester, die haben sich später für eine Familie entschieden. Und ich glaube vier von uns sind jetzt als Pensionisten noch im Priesteramt. Nach der Priesterweihe sind wir dann mit den Autos über Gnas gefahren und in Grabersdorf habe ich eine Tante gehabt. Dort habe ich das erste Mal den Primizsegen von Gott für die Leute dort erbitten dürfen.

Was ist das Besondere am Primizsegen?

Der erste Segen eines neugeweihten Priesters hatte für die Leute eine unglaublich große Bedeutung. Manche sind stundenlang zu Fuß zu mir gepilgert, um den Segen empfangen – damals hat es ja noch keine Autos gegeben. Für mich war das auch wahnsinnig anstrengend, ich bin dort zwei Stunden gestanden und hab’ den Leuten die Hände aufgelegt und für jeden einzelnen den Segen erbeten. Ich war kräftemäßig am Ende, aber es war für die Leute ganz wichtig.

Dann sind Sie nach Straden weiter gefahren?

Ja, in Straden wurde ich dann von meinen jugendlichen Freunden mit Bannern, Autos und Motorrädern willkommen geheißen. Und auch der Bürgermeister hat mich freundlich empfangen. Danach sind wir in die Pfarre gegangen, hier war am Abend der Gottesdienst, wo ich das erste Mal in der Heimat eine Predigt halten musste. Ich war aufgeregt bis zum Letzten und die Kirche war gesteckt voll. Es war eine Begeisterung und eine Fröhlichkeit spürbar – es war ein sehr schöner Tag.

 Wie haben Sie sich auf die Primiz vorbereitet?

Ich habe mich eine Woche lang zurückgezogen im Stift Seckau in Knittelfeld. Dort habe ich eine Woche der Einkehr und des klösterlichen Lebens genossen, und ich konnte mich auf die erste Messfeier konzentrieren. Am 12. Juli war dann hier in Straden die große Messfeier.

Wie lief das ab?

Von der Florianikirche aus gab es einen Einzug mit Glockengeläute und Musik, der ganze Kirchplatz war voller Leute. Es waren sechs bis sieben Priesterkollegen da, die haben alle mit mir die Messe gefeiert. Und mein alter Priesterfreund, Pfarrer Kropf, der damals Dechant von Deutschlandsberg war, hat die Primizpredigt sehr emotional gehalten. Nach der Kirche hat es in meinem Heimathaus ein großes Festmahl mit einer Tafel für 200 Leute gegeben. Meine Eltern haben extra für diese Feier ein eigenes Gebäude dazu gebaut.

Sind Sie der einzige Priester in der Familie?

Ja, das genügt.

Warum haben Sie sich dazu entschieden, Priester zu werden?

Die Grundlage war sicher mein Elternhaus. Meine Eltern waren sehr gläubige Leute. Wir sind jeden Sonntag fünf Kilometer weit zu Fuß in die Kirche gegangen. Wir haben auch daheim gebetet, das Tischgebet war selbstverständlich. Die Mutter hat uns vier Kindern jeden Abend, wenn wir schlafen gegangen sind, mit dem Kreuzzeichen gesegnet. Ich bin dann mit acht Jahren ministrieren gegangen. Ich kann es mir heute gar nicht mehr vorstellen, wie ich das geschafft habe. Ich bin in der Früh um Dreiviertel fünf daheim weg, damit ich um knapp vor sechs in der Sakristei war, um zu ministrieren. Aber das habe ich geschafft, weil ich es gern getan habe, ich war begeistert.

Eines Tages ist der Kaplan dann mit seinem Motorroller bei meinem Heimathaus vorgefahren und hat gesagt “Seppl, sind deine Eltern irgendwo? Ich möchte mit ihnen reden”.  Die Eltern haben mir dann gesagt, dass der Kaplan gefragt hat, ob ich nach Graz ins Gymnasium gehen darf. Es war ja eine große Armut bei uns, wir hatten eine ganz kleine Landwirtschaft und kein Geld. Aber der Kaplan hat gesagt, wir werden das schon schaffen. Dann haben wir uns dafür entschieden und ich bin mit der Mutter zur Aufnahmeprüfung nach Graz gefahren und sie haben mich tatsächlich genommen. Im Herbst 1951 habe ich am bischöflichen Gymnasium begonnen – da war ich elf.

Haben Sie die Entscheidung, Priester geworden zu sein, bereut?

Bereut nicht. Aber das durchzustehen, das ist mir sehr schwer gefallen. Da habe ich gekämpft. Ich würde heute liebend gerne wieder Pfarrer werden, aber nie ehelos. Das würde ich nie mehr tun. Wenn ich die Wahl hätte, dass ich mich frei entscheiden kann zur Familie, dann wär’ das wahrscheinlich auch heute mein Traumberuf. Ich habe die Erfüllung gefunden in meinem Beruf und mache heute noch sehr viel. Ich bin fast jedes Wochenende gefragt und gefordert. Und solange die Kräfte reichen, tue ich es gerne. Aber diese Ehelosigkeit ist heute nicht mehr zu verantworten. Leider ist unsere Kurie da weit, weit weg von der Realität und das hängt auch damit zusammen, dass wir fast keinen Nachwuchs haben, fast keine Jungpriester. Der Personalnotstand ist riesig. Es ist eine schlimme Situation.

 Glauben Sie, dass sich in nächster Zeit etwas ändern wird?

Wenn, dann muss die Not so groß werden, dass es eine Notwehraktion werden kann. Aus freien Stücken scheint es sich derzeit nicht zu bewegen. Ich traue dem neuen Papst zu, dass er das auch einmal anspricht. Aber was man so hört, ist von ihm in der nächsten Zeit nichts zu erwarten – oder wenig . Aber er wird im Herbst seine Berater holen, und wenn dort die Meldungen kommen, dass überall dieser Notstand da ist in der Seelsorge, dann hoffe ich, dass sich etwas bewegt. Es ist überall Priesternot, egal ob das in Afrika ist oder in Südamerika. Und dort sind viele, viele Priester auch in wilder Ehe mit Familie – sie sind aber trotzdem Priester. Denn ein Afrikaner, der bei seinen Standesgenossen keine Familie hat, der wird auch nicht anerkannt. Das ist in dieser Kultur so. Und in Südamerika leben viele mit ihrer Partnerin und Kindern zusammen und sind trotzdem Pfarrer. Für mich persönlich verstößt diese Ehelosigkeit gegen das Menschenrecht, weil ich nicht die freie Wahl habe, mein Leben zu gestalten. Das sind zwei verschiedene Dinge: Ich will Priester werden, aber ich muss auch die Freiheit haben, zu heiraten. Ich kann mich zur Ehelosigkeit entscheiden, das ist ohne weiteres zu respektieren. Aber ich muss auch die Freiheit haben, mich für eine Familie zu entscheiden. Alles andere ist nicht vertretbar.

Ein Primizmädchen erzählt

Frau Magarete Prassl war 1961 „Primzimädchen“ bei der Primiz von Pfarrer Franz Tropper. Sie war damals zwölf Jahre alt und eines von 16 in weiß gekleideten Mädchen, die den neu geweihten Pfarrer an diesem besonderen Tag begleitet haben.  Auch wenn die Primiz schon vor 51 Jahren stattgefunden hat, ließ Frau Prassl uns an ihren Erinnerungen teilhaben.Frau Margarete Prassl im Interview

 

Pfarrer Franz Tropper feierte im Juli 1961 seine Primiz. Am Tag vor den Feierlichkeiten wurde er mit diesem aus Buchsbaum und Blüten gefertigten Blumenhimmel in seiner Heimatgemeinde Straden feierlich von den Dorfbewohnern willkommen geheißen. Der Kranz wurde von den Frauen im Dorf eine Woche lang vorbereitet.

Beim Empfang wurden auch Gedichte vorgetragen, folgendes stammt von einer Cousine von Pfarrer Tropper:

Hochwürdiger Herr Primiziant!

Bevor du kehrst ins Heimathaus, hör auf mich an diesem Ort.
Ich sag dir vom Tore aus, zum Glück frohe Worte:
Den Weg den du so oft gegangen,
der wird dir jetzt zum Freudenpfad,
denn du bist nicht allein auf dem Weg der Gnade.
Sie alle begleiten dich ins Heimathaus, sie alle, die dir auf deinem Wege beigestanden.
Er blickt gewiss auf uns herunter, er sieht dich in die Heimat gehen.
So öffne freudig dir die Türen, und alles was dir so vertraut.
Ins Haus der Heimat lass dich führen, das deine Eltern mit Fleiß gebaut.

Die Schwestern und Cousinen des Primizianten trugen 1961 bei der Primiz Stola, Messbuch und Kelch voran, die anderen Mädchen hielten Blumen in ihren Händen. Früher gab es auch noch Primizkrone und  Primizstrauß.

Primizmädchen

Vor dem Gottesdienst bekam der neu geweihte Pfarrer sein Messgewand vor den Augen der Kirchenbesucher umgelegt.

Primiziant Tropper bekommt sein Messgewand

Auch die Kirche war festlich mit geflochtenen Buchsbaumkränzen geschmückt. 1961 wurde die Messe  großteils noch mit dem Rücken zu den Kirchenbesuchern abgehalten. So auch bei der Primiz von Franz Tropper.

Kirchenschmuk aus Buchsbaum

Der neu geweihte Priester spendet den Primizsegen. Für die Menschen war dieser Segen früher etwas ganz besonders, ihm wurde heilende Wirkung nachgesagt.

Primizsegen

Natürlich gehören auch ein Festmahl und eine prunkvoll dekorierte Tafel  zu den Fixpunkten einer Primiz. Diese Köche und Kellner bereiteten über eine Woche lang das Essen für die Feierlichkeiten vor und sorgten für das leibliche Wohl der Gäste.

Die Köche und Kellner

feierliche Tafel