Im Garten des Wissens

Nicht nur Horen, die Stundengebete wie Matutin, Vesper und Komplet, bestimmen das Leben der Mönche im Kloster St. Lambrecht im Murtal in der westlichen Obersteiermark. Die altehrwürdigen Hallen des 1076 gegründeten Benediktinerstifts beheimaten nämlich auch kunsthistorische Sammlungen und ein Museum sowie ein besonderes Projekt rund um den ursprünglich im 17. Jahrhundert angelegten Stiftsgarten.

Im Rahmen des Domenico-Projekts werden im Schnitt rund zehn Personen, die sozial benachteiligt oder am regulären Arbeitsmarkt schwer vermittelbar sind, im Stiftsgarten beschäftigt, der seit seiner Runderneuerung im Jahr 2004  »Garten des Heile(n)s« heißt. Der Garten wird von diesen Personen gepflegt und bewirtschaftet, die anfallende Ernte wird verkauft oder weiterverarbeitet – zu Marmelade oder Säften, die im Stiftsshop verkauft werden.

Mit der Tradition mönchischer Gärten an sich – wie sie zuletzt Richard Sennett in seinem Buch “Together” etwa als Bespiel für eine jahrhundertealte Spielart altruistischer Zusammenarbeit angeführt hat – wird sich das Blogmobil-Team vor Ort beschäftigen, mit dem rund um Kräuter und Heilpflanzen  gespeicherten Expertenwissen ebenso wie mit Alltagsgeschichten rund um das Klosterleben oder mit dem Wirken des Volkskundlers Pater Romuald Pramberger, der in St. Lambrecht tätig war.

Zwischenstopp: Bad Mitterndorf

Das Blogmobil-Team macht gerade einen Zwischenstopp in Bad Mitterndorf. Von 3. bis 5.  Oktober wird das Blogmobil im Ausseerland unterwegs sein. Wir haben aber vorab schon einen interessanten Bad Mitterndorfer besucht: Franz Strick. Er wohnt gemeinsam mit seiner Gattin in einem Haus, das mehr Museum als Wohnhaus ist. Denn hier befindet sich eine ungewöhnlich große heimatkundliche Sammlung, mit alten Büchern, Mineralien, Krippen und vielem, vielem mehr zum Stöbern. Die Ergebnisse unseres Besuches im “Strickhaus” wollen wir dann am 3. Oktober den Bad Mitterndorfern vor dem VinoVino präsentieren.

Puppensammlung im Strick-Haus

Puppensammlung im Strick-Haus

Büchersammlung im Erdgeschoß

Büchersammlung im Erdgeschoß

Krampusmasken des Bad Mitterndorfer Nikolospiels

Krampusmasken des Bad Mitterndorfer Nikolospiels

KSV 1919

Während sich das Blogmobil in Kapfenberg zum Thema KSV schlau machte, brachten einige ehemalige Fußballspieler ihre alten Fotos und Zeitungsausschnitte mit. Ein spannender Einblick in eine interessante Fußballgeschichte.

 

“Wenn der eigene Verein verliert, ist das so etwas wie ein Todesfall”

Hanno Wisiak arbeitet für den KPÖ Gemeinderatsklub in Graz. Einen großen Teil seiner Freizeit verbringt er im Fußballstadion. Im Interview erzählt er unter anderem davon, was es für einen Fan bedeutet, wenn der eigene Verein verliert.

Ist es aufgrund der sozialen Schicht vorgegeben, für welchen Verein man die Daumen drückt?

Bedingt. Früher war das sicher viel ausgeprägter. Grazer, die in der nobleren Gegend rund um den Hasnerplatz gewohnt haben, wo der GAK sein altes Stadion hatte, waren dort regional an den Verein gebunden. Während die Arbeiterklasse eigentlich eher in Jakomini und Gries gewohnt hat, und deshalb geografisch näher am SK Sturm oder am Grazer Sportklub war. Aber heutzutage ist das nicht mehr so. 

Im Stadion jubelt der Akademiker neben dem Arbeiter. Warum schafft Fußball es, soziale Barrieren zu überwinden?

Genau deshalb, weil der Sport im Mittelpunkt steht. Weil es um nichts anderes geht. In der Bar würde der Akademiker wahrscheinlich die Nase rümpfen, wenn er neben dem Arbeiter stehen würde. Aber am Sportplatz ist das nicht so, man sieht über Stände und Klassengrenzen hinweg. Fußball begeistert jeden gleichermaßen.

Welche Katastrophe ist es für einen Fan, wenn der eigene Verein verliert oder absteigt?

Das ist wie ein Todesfall in der Familie. Das ist entsetzlich. Da gibt es Tränen, Frustrationen. Es kann auch Ausschreitungen geben. Wenn man sich anschaut, vor einem Jahr bei diesem Platzsturm bei Rapid, wo die Fans nach der miserablen Leistung über Monate hinweg verzweifelt waren, und dann ist einer aufs Spielfeld gerannt und hat gesagt: „Das schau ich mir nicht länger an.“ Und auf ein Mal sind Hunderte Fans mitgerannt. Da hat sich eine Gruppendynamik entwickelt. Man empfindet ein verlorenes Match oder einen Abstieg als persönliche Kränkung, als Angriff. Denn man geht ja Woche für Woche hin, zahlt Eintritt, fährt auswärts, muss das Zugticket oder Benzin zahlen. Man steckt viel Geld und Herzblut rein. Das empfindet man dann schon als persönliche Kränkung, wenn so etwas passiert.

Ist das dann auch ein Grund dafür, dem Verein den Rücken zu kehren?

Nein. So gekränkt kann man als Fußballfan nicht sein. Ein Kabarettist hat einmal gesagt: „Männer sind vielleicht Frauen untreu, aber sicher nie ihrem Fußballverein.“ Da gibt es also kein Wechseln zwischen den Vereinen. Das wird es nie geben. Das ist absurd.

Hilft Fußball, Integration zu fördern?

Auf jeden Fall. Wenn man zu einem Verein in Graz geht und sich eine junge Mannschaft anschaut: Die sind von Hautfarben und Sprachen total vermischt. Und gerade die kleinen Vereine geben sich da Mühe. Im Fußball braucht man schließlich nicht mehr außer ein Paar Schuhe, da sind alle gleich. Und Sport verbindet.

 Wird der Besuch im Stadion immer mehr zum Luxus?

Ja, in Österreich ist es noch nicht so schlimm. Aber in England zum Beispiel ist die Unterschicht praktisch völlig ausgeschlossen vom Fußball. Außer es sind solche Fußball-Narren, die wirklich viel zusammensparen. In Österreich gehen die Preise schon in die Höhe, aber nicht so, dass es nicht mehr leistbar wäre.

Fußballpräsidenten haften oft mit ihrem eigenen Vermögen für den Verein. Warum?

Das ist, glaube ich, fast schon ein neurotisches Habenwollen von Anerkennung. Das drastischste Beispiel ist ja Mateschitz mit Red Bull Salzburg. Der will da ja nur sein Dosengetränk verkaufen. Dem ordnet er alles unter. Dann gibt es natürlich Leute, die mit ihrem Privatgeld haften, weil sie selbst so fußballbegeistert sind. Aber die verschulden sich meistens nicht so horrend. Das ist dann meistens ein Mittelding aus Anerkennungs- und Dankessucht und natürlich Marketinginteresse für eigene Produkte. 

Im Falkenhorst zu Hause

Die 94-jährige Geschichte der Kapfenberger Sportvereinigung hat im Laufe der Jahrzehnte einige Höhen und Tiefen erlebt. Ein großer Teil davon ist eng mit dem Franz-Fekete-Stadion verbunden.

Die heutige Heimstätte der “Falken” wurde bereits am 10. September 1950 eröffnet, nachdem die aktiven Sportler selbst beim Bau eifrig mitgeholfen hatten. Jeder Sportler beteiligte sich mit mindestens 40 Stunden Arbeit. Noch heute erinnert eine große Tafel am Eingang der Haupttribüne an den Einsatz der Sportler.

Tafel

Unter der Leitung von Hans Walch, dem damaligen Baudirektor der Firma Böhler, löste das zu diesem Zeitpunkt noch “Alpenstadion” genannte Bauwerk den bereits 1919 eröffneten Sportplatz in der Schinitz ab. Bereits von Beginn an verfügte das Alpenstadion über eine Laufbahn und diente somit nicht nur den Fußballern, sondern auch vielen anderen Kapfenberger Sportlern als Heimstätte.

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Seit Februar 1976 befindet sich das Stadion im Besitz der Stadtgemeinde Kapfenberg, die es zu diesem Zeitpunkt für den symbolischen Betrag von einem Schilling (entspricht rund 7 Euro-Cent) übernommen hat. Mit dieser Übernahme wollte man die Sportvereinigung von der Pflicht befreien, sich um die finanziell kostspielige Erhaltung der Sportstätte zu kümmern. Unter der Patronanz der Stadtgemeinde erfolgte im Jahr 1986 die erste große Renovierung, als das „Alpenstadion“ mit einer überdachten Tribüne ausgestattet wurde und somit seine heutige Gestalt annahm. Dieser Ausbau wurde am 11. Oktober 1986 abgeschlossen, die feierliche Eröffnung erfolgte am 5. Juni 1987. Durchgeführt wurden diese Baumaßnahmen während der Amtszeit von Bürgermeister Franz Fekete, weshalb das Stadion zu seinem 80. Geburtstag im Jahr 2001 in „Franz-Fekete-Stadion“ umbenannt wurde.

Fekete erlebte in dem nach ihm benannten Stadion den größten Erfolg der jüngeren Vereinsgeschichte, als Kapfenbergs Kapitän Dominique Taboga im Frühjahr 2008 den 2.Liga-Meisterteller in den Nachthimmel stemmen und die Rückkehr in die höchste Spielklasse bejubeln durfte.

Ingrid Sekljic schreibt KSV-Geschichte

Ingrid Sekljic verfolgt ein klares Ziel: Die 100-Jahr-Feier des KSV 1919 im Jahr 2019. Bis zu diesem Zeitpunkt möchte sie die umfangreiche Geschichte des Kapfenberger Fußballvereins erfassen und digitalisieren. Angefangen hat die heute 58-Jährige damit bereits von 15 Jahren, dementsprechend groß ist ihre bisher angelegte Sammlung. “Ich versuche alles aufzutreiben, was ich auftreiben kann”, sagt Sekljic.

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Viele Team-Aufstellungen und Fotos hat Sekljic bereits digitalisiert, dennoch liegt in den kommenden sechs Jahren noch viel Arbeit vor ihr. Mehr Zeit hat die lebenslange KSV-Anhängerin ab 2015, wenn sie in Pension geht. “Langweilig wird mir dann nicht”, sagt sie. Angefangen hat sie im Büro der Kapfenberger Sportvereinigung bereits 1986, seit 2001 ist sie ausschließlich nur für die Sektion Fußball zuständig. Bis 2015 könnte sich ein weiterer Wunsch erfüllen: die Rückkehr in die erste Bundesliga. Aktuell sieht es gut aus, kämpft der KSV als Tabellenzweiter doch ganz klar um den Aufstieg.

Besonders stolz ist Sekljic übrigens auf ein Buch, das sie im Zuge des Umbaus des alten Kapfenberger Volksheimes gefunden hat. Es zeigt detailliert auf, welche heimischen Sportler sich mit wie vielen Stunden an körperlicher Arbeit am Bau des Kapfenberger Franz-Fekete-Stadions beteiligt haben. Im Schnitt kamen die Sportler bis zur Eröffnung am 10. September 1950 auf rund 40 Stunden Arbeit, wobei sich nicht nur die Fußballer fleißig beteiligten.

Eine Bartlänge voraus

Man mag es kaum glauben, aber in Kapfenberg gibt es auch noch eine Welt abseits von Lederbällen am Rasen, Sportvereinen und geschichtsträchtiger Stahlindustie. “Kaiser” Ewald Harrer entführt seine Gäste in seinem K. u. K. Restaurant zurück in die Monarchie und serviert kaiserliche Spezialitäten. Und Franz Joseph sieht er selbst auch zum Verwechseln ähnlich.

Zurück in der Vergangenheit, oder so ähnlich, fühlt man sich, wenn man das “K. u. K. Restaurant zum Kaiser Franz Joseph” am Hauptplatz in Kapfenberg betritt. Sanfte  Hofmusik dudelt durch das Restaurant, in dem ein gut gelaunter “Kaiser” seine Gäste persönlich mit Händedruck und einem herzlichen Lachen begrüßt. Das gehört zur guten Manier, denn hier ist eigentlich “der Gast der Kaiser”. An den Wänden hängen Sisi mit Sternen-Haarschmuck und ihr “Franzl” in altbekannter kaiserlicher Pose. Gemalt versteht sich. Natürlich zieren auch andere Hoheiten die Gaststube, die  kennt man dann aber doch nicht mehr ganz so gut. Rüstungen, alte Schränke, kaiserliches Hofgeschirr und viele, viele andere Gegenstände aus einer längst vergangenen Zeit füllen die Räume im kaiserlichen Restaurant.

Seit 1977 sammelt Ewald Harrer Raritäten und tischt als Kaiser Franz Joseph heimische Spezialitäten auf. Ein echter “Kaiser-Schnauzer” zählt dabei ebenso zu seinem Markenzeichen wie die maßgeschneiderte Uniform. Auch seine Sprache ist richtig kaiserlich, die weiblichen Gäste werden hier als “edle Damen” angesprochen. Als echter Kaiser hat er natürlich auch seine Kaiserin.  “Meine Sisi ist Bilanzbuchhalterin, sie hält mir den Rücken frei.  Sisi braucht ihre Ruhe zu Hause, und ich, der Kaiser Franz Josef, bin wie ein Zirkuspferd. Ich brauche die Manege, den Auslauf, die Kommunikation. Deshalb ergänzen wir uns so gut”,  schmunzelt der Kaiser.

Seinen Nachahmern und Konkurrenten ist Ewald Harrer stets “eine Bartlänge voraus”, ist er überzeugt. Denn “ein echter Kaiserbart braucht immerhin fünf Jahre bis er so aussieht, wie meiner”, schmunzelt er. Der Kapfenberger Kaiser serviert seinen Gästen natürlich auch kaiserliche Menüs: Gemüsesuppe, Putengeschnezeltes in Eierschwammerlsauce mit bunten Nudeln und ein Dessert des Hauses.

Es war sehr schön, es hat uns sehr gefreut!

Heli Hauberger und der Mythos von Simmering

Die 94-jährige Geschichte des SV Kapfenberg erlebte schon so manche Höhen und Tiefen. Trotz einiger Auf- und Abstiege ist es aber vor allem ein Match zwischen Simmering und Kapfenberg, das Fußballfans in ganz Österreich bis heute in Erinnerung geblieben ist. Der Zweikampf zwischen Kapfenbergs Linksaußen Helmut Hauberger und Simmering-Torhüter Bruno Engelmaier ging vor allem dank der Charakterisierung Helmut Qualtingers in die Geschichte ein: “Simmering gegen Kapfenberg, das nenn’ i Brutalität.”

Helmut Qualtinger saß damals unter den Zusehern, als sich Hauberger in der Schlussphase einen offenen Schien- und Wadenbeinbruch zuzog. Zuvor war er es noch gewesen, der Engelmaier den spielentscheidenden Treffer zum 1:0 eingeschenkt hatte. “Ich habe ihn überhoben – und gelacht”, erinnert sich der heute 78-Jährige. Die Revanche seitens Engelmaier ließ nicht lange auf sich warten: “Er hat sich mit seinen 100 Kilogramm auf mich geworfen, dann hat es einen Schnalzer gemacht.” Die Folgen waren dramatisch: Hauberger lag zehn Wochen lang im Spittal, konnte nie mehr an seine zuvor gezeigten Leistungen anknüpfen. Eine vielversprechende Karriere wurde gestoppt – ein Mythos hingegen war geboren.

Heli Hauberger (rechts) mit KSV-Präsident Erwin Fuchs

Heli Hauberger (rechts) mit KSV-Präsident Erwin Fuchs

Wie es Mythen so an sich haben, hat sich die Geschichte im Laufe der Jahre von Erzählung zu Erzählung allerdings verändert. Zwar standen sich an diesem besagten 27. Oktober 1956 tatsächlich Simmering und Kapfenberg gegenüber, von einem 1:0-Erfolg des KSV kann aber keine Rede sein. Die Wiener Hausherren siegten mit 4:1, das einzige Kapfenberger Tor erzielte Sillaber. Gab es diesen ominösen Sieg der Kapfenberger etwa gar nie? Doch! Nämlich am 12. Oktober 1958, diesen Beweis liefert Haubergers Röntgenbild.

Sicher ist hingegen, dass Hauberger von Dezember 1955 bis Februar 1956 an der großen Kapfenberger Fußball-Tournee durch Frankreich, Spanien und Nordafrika teilgenommen hat. “Dort haben wir zum ersten Mal dunkelhäutige Menschen gesehen”, erzählt Hauberger. Neben den neu gewonnenen kulturellen Einblicken blieben dem ehemaligen Trainer von Austria Kapfenberg (ab 1968) auch die sportlichen Leistungen im Gedächtnis: “Wir haben 22 von 23 Spielen gewonnen”.